Häufig gestellte Fragen – SIGAB-Richtlinie 002

Weshalb braucht es hinsichtlich des Personenschutzes nun vermehrt Sicherheitsglas, wie z. B. bei geschosshohen Verglasungen?

Leider kommt es immer wieder zu Personenunfällen aufgrund schwerer Schnitte durch Glas (z.B. Floatglas, Gussglas oder Stahlglas), die teilweise auch zum Tod führen. Im österreichischen Graz wurden an der Uni-Klinik über drei Jahre die Unfallzahlen mit Glas bei Kindern bis 14 Jahren erhoben. Die Hochrechnung dieser Zahlen für die Schweiz ergibt über 70 Glasunfälle pro Jahr allein bei Kindern. In der Schweiz existieren bis heute keine vergleichbaren Erhebungen.

Weshalb gibt es nun diese neuen Anforderungen? Gab es bisher es bezüglich Personenschutz keine Vorgaben?

Seit den Jahren 1999-2000 finden sich in den Dokumentationen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) und des SIGAB Regeln für Sicherheitsglas. Die neue Richtlinie 002 ersetzt die SIGAB-Dokumentation (1999), die veraltet und nicht mehr zeitgemäss ist.

Die Richtlinie tritt am 1. Januar 2018 in Kraft. Bezieht sich dieses Datum auf die Baugenehmigung oder eine Montage?

Weder noch. Dieses Datum dient als Stichtag, ab dem die neue SIGAB-Richtlinie 002 die alte SIGAB-Dokumentation «Sicherheit mit Glas – Personenschutz: Absturzsicherheit, Verletzungsschutz» (1999) definitiv ablöst.

Bezüglich der Bewilligung, Planung und Ausführung von Bauvorhaben spielt dieses Inkrafttreten nur eine untergeordnete Rolle. Verschiedene ältere Gesetze, Verordnungen, Normen, Richtlinien und bfu-Fachbroschüren fordern bezüglich Personenschutz teilweise seit über 15 Jahren angepasste Glasaufbauten (siehe Zusammenstellung in der neuen Richtlinie; Kap. 2 «Grundlagen»).

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens liegen wir mit unserem Bauvorhaben zeitlich zwischen Baubewilligung und Montagedatum. Eine der vielen Anforderungen wird in der alten Richtlinie nicht, in der neuen aber explizit verlangt. Was gilt nun?

Grundsätzlich kommen die zum Zeitpunkt der Baubewilligung geltenden Vorschriften zur Anwendung. Abweichende Vereinbarungen sind im Rahmen eines Werkvertrages denkbar.

Im Zweifelsfall empfiehlt sich die Rücksprache mit den Behörden, um späteren Unstimmigkeiten vorzubeugen. Die Entscheide von Planer und Bauherr sind in den Bauwerksakten nachvollziehbar und mit Begründung zu dokumentieren.

Gilt die Richtlinie 002 auch für bestehende Gebäude, und müssen diese mit neuen Gläsern versehen werden?

Im Regelfall geniessen bestehende Bauten einen Bestandesschutz. Erfolgt hingegen eine Umnutzung oder eine baubewilligungspflichtige Erneuerung oder Modernisierung, erlischt der Bestandesschutz.

Regelt die Richtlinie 002 die Vorgehensweise bei einem Glasersatz?

Werden Glasprodukte bei bestehenden Bauten ersetzt, hat das neue Produkt den aktuell geltenden Anforderungen gemäss SIGAB-Richtlinie 002 (2017) zu entsprechen. Auch die bestehende Konstruktion und Befestigung sind zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Ist ein Isolierglaslieferant verantwortlich für den Glaseinbau?

Ein Isolierglas- bzw. Glaslieferant kann nur verantwortlich gemacht werden, wenn er mit der Planung von Glaseinbauten beauftragt wurde. In der Regel ist der Planer für eine korrekte Ausschreibung und der Werkvertragsnehmer für die Wahrnehmung der Hinweispflicht verantwortlich.

Als Sicherheitsglas kann sowohl Einscheibensicherheitsglas (ESG) als auch Verbundsicherheitsglas (VSG) verwendet werden. Wo sind die Unterschiede?

Beide Produkte verhindern im Bruchfall schwere Schnittverletzungen und können in Bezug auf den Personenschutz eingesetzt werden.
Einscheibensicherheitsglas (ESG) hat die höhere Widerstandsfähigkeit, dafür weist Verbundsicherheitsglas (VSG) im Bruchfall eine Resttragfähigkeit auf. Eine Kombination aus beiden Produkten – also ein Verbundsicherheitsglas aus 2 Einscheibensicherheitsglasscheiben – ist jedoch nicht üblich bzw. nicht sinnvoll.